Das unter Denkmalschutz stehende Verwaltungs- und Finanzgericht Köln am Appellhofplatz wurde 1893 errichtet und nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg in den Nachkriegsjahren teilweise vereinfacht in Massivbauweise (Vollziegelmauerwerk) wieder aufgebaut.
Im Rahmen der von MorgenGrün durchgeführten Energieberatung haben wir Konzepte entwickelt, die das Gebäude bis 2030 in die Klimaneutralität führen.
Wärmebedarf lässt sich fast um die Hälfte reduzieren
Zunächst haben wir die Verbrauchsdaten analysiert und im Anschluss die Energiebedarfe des Verwaltungs- und Finanzgerichts ermittelt – dabei waren die Gebäudetechnik und der energetische Zustand der Gebäudehülle von entscheidender Bedeutung. Derzeit ist das Gebäude an das Fernwärmenetz angeschlossen.
Aus den Ergebnissen konnten wir bauliche Sanierungsempfehlungen für die Gebäudehülle ableiten, wobei unser Team die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt hat. Basierend auf unseren Vorschlägen lässt sich der Wärmebedarf des Gebäudes um fast die Hälfte reduzieren.
Erste Prämisse für uns war, lokal verfügbare und CO2-neutrale Umweltenergie zu nutzen. So haben wir unter anderem Geothermie (Erdwärmesonden) und Grundwasser (Brunnen) untersucht. Als beste Option in puncto Wirkungsgrad und Investitionskosten erwies sich ein Grundwasserbrunnen: Die hohen möglichen Entzugsleistungen (500 kW) machen ihn am effizientesten. Und er kann erstellt werden, ohne eventuelle Bodendenkmäler zu beeinträchtigen.
Autarkiegrad von mehr als 40 Prozent möglich
Parallel dazu haben wir auf der Basis von Strahlungssimulationen anhand eines dreidimensionalen Dachmodells das Potenzial verschiedener Photovoltaik-Dachanlagen ermittelt. Auch hier mussten wir die Anforderungen des Denkmalschutzes berücksichtigen und konnten zeigen, dass der Strombedarf des Gebäudes zu mehr als einem Viertel mit einer von außen nicht sichtbaren PV-Anlage (175 kWp) gedeckt werden kann. Würde die Dachfläche maximal ausgenutzt, könnte ein Autarkiegrad von mehr als 40 Prozent erreicht werden.
Abschließend haben wir dem Auftraggeber mehrere Maßnahmenpakete mit wirtschaftlichen und energetischen Bewertungskriterien als Entscheidungsgrundlage vorgelegt. Unser Team hat stufenweise Maßnahmen zu „Paketen“ verknüpft: angefangen mit den „low-hanging fruits“ wie Fenster sanieren, die mit überschaubarem Aufwand umzusetzen sind, bis zu den aufwendigeren wie der Innendämmung der Außenwände. So konnten wir unter anderem die empfehlenswerten Pakete „wirtschaftlich zukunftssicher“, „wirtschaftlich CO2-Reduktion sofort“ und „anspruchsvoll zukunftssicher sofort“ bilden.
Bei denkmalgeschätzten Altbauten ist beispielsweise die Umstellung der Wärmeversorgung auf Wärmepumpen besonders herausfordernd, da eine Verbesserung der Gebäudehülle auf heutigen Standard nur schwer oder gar nicht umsetzbar ist. Nach einer Analyse der vergangenen Betriebsjahre konnte unser Team nachweisen, dass bereits nach einer Sanierung der Fenster niedrige Vorlauftemperaturen ausreichen, um das Gebäude zu beheizen – auch ohne umfangreiche Umbaumaßnahmen am Heizsystem. Das ermöglichte dann den Einsatz eines effizienten Wärmepumpensystems.