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Ortenau Klinikum, Achern

Zwei Drittel weniger Energieverbrauch dank Grundwasserinnovationen und LowEx-System

Im baden-württembergischen Achern entsteht das Leuchtturmprojekt eines nachhaltigen Klinikums. Der Neubau mit einer Brutto-Grundfläche von 32.000 m² wird dem energetischen Standard eines Effizienzgebäudes 40 entsprechen und zwei Drittel weniger Energie verbrauchen als vergleichbare Gebäude. 

Für das zukunftsfähige technische Gebäude­system hat der Bauherr des Klinikums die Niederlassung Innovation der ZWP Ingenieur-AG als Vorgängerin von MorgenGrün beauftragt, da wir bereits beim Vorgängerprojekt überzeugen konnten.

Die Herausforderung: Ein Klinikum als ­Effizienzgebäude gestalten

In der neuen Kliniklandschaft im Ortenaukreis können die Menschen in 235 stationären und 20 Intensivbetten auf fünf Ebenen gesundheitlich versorgt werden. Das Gebäude hat uns Ingenieure vor eine ungewohnte Aufgabe gestellt: Zwar ist es mittlerweile Usus, Büro- oder Verwaltungs­gebäude nachhaltig zu gestalten – aber ein Klinikum mit seinen hohen Energiebedarfen ist im Energiestandard eines Effizienzgebäudes 40 eine echte Herausforderung, vor allem in den Bereichen Stromverbrauch und Lüftung. 
Zunächst haben wir die energetischen Potenziale des Standorts untersucht. Da es besonders nachhaltig ist, lokal verfügbare, kostenlose und CO2-neutrale Umweltenergie zu nutzen, haben wir verschiedene Quellen wie Erdwärme, Außenluft, Grundwasser, Wind und Sonne geprüft. 
Um ein langfristig effizientes Energiesystem zu schaffen, haben wir zudem das lokale Klima analysiert. In enger Teamarbeit entstand so das Vorzeigeprojekt eines nachhaltigen Klinikums, das vollständig mit erneuerbaren Energien versorgt wird.

Effiziente Energieplanung: Bedarfsermittlung und optimierte Bauweise

Im nächsten Schritt haben wir die Energiebedarfe des Klinikums ermittelt, um das Energiesystem für das Gebäude planen zu können, und den Wärme-, Trinkwasser-, Kälte-, Strom- und Lüftungsbedarf berechnet und optimiert. Die Energiebedarfe haben wir mit den lokalen Energiepotenzialen abgeglichen und mit dem Bauherrn in Versorgungsvarianten abgestimmt. Das Energiekonzept überzeugt mit garantierter Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltfreundlichkeit. 
Der Baukörper des Gebäudes ist kompakt und geometrisch einfach gehalten, um den Res­­sour­ceneinsatz und den Wärmeaustausch mit der Außenluft zu minimieren. Die hochgedämmte Außenhülle sorgt im Winter für Wärme und im Sommer für angenehme Raumtemperaturen. 
Den Fensterflächenanteil haben wir dreifach optimiert: auf den gewünschten solaren Ertrag während der Heizperiode, hinsichtlich der optimalen Tageslichtnutzung und um eine Überhitzung im Sommer zu vermeiden. Zusammen mit der Gebäudekubatur reduzieren diese Maßnahmen passiv und ohne zusätzliche Technik den jährlichen Energiebedarf deutlich.

Kalte Nahwärme: ein neues Konzept zur ­­emissionsfreien Wärmeversorgung

Als natürliche Energiequelle für das Ortenau Klinikum eignet sich das Grundwasser: Das milde Jahrestemperaturprofil minimiert den Aufwand, sowohl für das Heizen als auch für das Kühlen. Reversible Wärmepumpen bringen das Wasser auf das erforderliche Temperaturniveau. In Kombination mit dem Niedertemperatur-Flächensystem im Gebäude, einem sogenannten LowEx-System, liefert die Wärmepumpe die erforderliche Energie besonders umweltschonend und stromsparend. Für die Kühlung kann sogar die natürliche Kälte des Grundwassers direkt genutzt werden – ergänzt durch eine luftgekühlte Kompressions­kältemaschine.
Das Warmwasser wird dezentral und bedarfsgerecht erzeugt, wodurch das System im Vergleich zu konventionellen Systemen mit minimalen Verlusten und einem geringen Energieaufwand auskommt. Zusätzlich setzen wir Hochtemperatur-Wärmepumpen, sogenannte eXergiemaschinen ein, die mit der Wärme der Niedertemperatur-Wärmepumpen arbeiten, um das Wasser auf die höheren Temperaturen für Spitzenlastwärme und Trinkwarmwasser anzuheben. Dank dieser zweistufigen Erwärmung arbeitet selbst das Hochtemperatursystem ohne fossile Energien wie Gas oder Öl – ein innovatives und stromsparendes Energiekonzept.

Effiziente Lüftung, natürliche Kühlung und ­n­achhaltige Stromerzeugung

Die Lüftungsanlage nutzt ein Hochleistungs-Kreislaufverbundsystem, das mehr als 70 % der Wärme aus den Räumen zurückgewinnt und so erheblich zur Energieeinsparung beiträgt. Durch adiabate Abluftbefeuchtung wird das Gebäude überwiegend auf natürliche Weise gekühlt, ohne dass aktive Kälteenergie erforderlich ist.  
Eine Photovoltaikanlage deckt den zwar optimierten, aber dennoch hohen Strombedarf des Klinikums. Zusätzlich erhöht die Dachbegrünung den Wirkungsgrad der Solaranlage und wirkt dem sogenannten Wärmeinseleffekt durch die natürliche Reduktion der Umgebungstemperatur entgegen.

Nachhaltiges Energiekonzept mit hoher Autarkie und Zukunftssicherheit

Unser Team ist stolz darauf, dieses ‚Leuchtturmprojekt‘ der Nachhaltigkeit erfolgreich umgesetzt und ein optimales Gebäudesystem für die Bauherrschaft entwickelt zu haben. Der zunehmende Anteil erneuerbarer Energien wird die ökologische Bilanz des strombasierten Energiekonzepts weiter verbessern. Dank der großen Stromerzeugungsanlage erreicht die Liegenschaft einen hohen Autarkiegrad und ist weitgehend unabhängig von steigenden Energiekosten und knapper werdenden Energieträgern. Dadurch wird die langfristige Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit des Systems sichergestellt.
Das neue Klinikum in Achern zeigt, wie energetisch anspruchsvolle Nachhaltigkeit mit technischen und digitalen Innovationen gelingt – auf einem Niveau, das Maßstäbe setzt.

Steckbrief

  • Bauherr
    Ortenau Klinikum, Achern
  • Auftraggeber und Architekt
    gmp International GmbH, Aachen
  • Zeitraum MorgenGrün
    2021 bis 2023
  • Leistung MorgenGrün
    Energiekonzept
  • Leistung ZWP
    Planung und Objektüberwachung der technischen Gebäudeausrüstung aller klinikrelevanten Gewerke
  • Brutto-Grundfläche (BGF)
    32.000 m²
  • Eingesparte CO2-Emission
    knapp 250 t/a